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„Du heißt jetzt Don!“ - Uwe Menze beschreibt das wilde Baden der 60er Jahre - Sie hießen „Rocking Stars“, „Los Eldorados“, „Beethovens“ oder „Sunbeams“ und mischten Badens Städte und Dörfer in den 60er Jahren ganz gehörig auf. Spätestens mit dem Hype um die Beatles verbreitete sich dieser seltsame, laute, neue Sound namens „Beat“ explosionsartig über den ganzen Erdball und machte weder vor kleinen Ortschaften wie Muggensturm, Bermersbach und Durmersheim noch vor der Großstadt Karlsruhe Halt. „Ob es einem gefällt oder nicht: Die eigentliche Geburtsstunde der Musikrevolution in Deutschland war nicht der Rock’n’Roll, sondern der Beat. In den 60ern kam bei vielen der Wunsch auf, sich eine elektrische Gitarre zuzulegen und nach Leuten zu suchen, die ähnlich eingestellt waren. Plötzlich gab es auch imkleinsten Kuhdorf eine Combo, die versuchte, den Beatles nachzueifern“, erzählt Uwe Menze. Der 60-jährige Muggensturmer ist im Hauptberuf Polizist, seine Freizeit verbringt er am liebsten inmitten seiner riesigen Schallplattensammlung, die durch Tonbänder, Musikkassetten und viele alte „Bravo“-Hefte ergänzt wird. Aufgewachsen ist Menze in den 60er Jahren mit der Musik der Kinks, der Small Faces, der Troggs und der Beatles. „Deutsche Musik riss mich damals nicht vom Hocker“, gibt er zu. „Bands wie die Firestones oder die Moonlights, die aus meiner direkten Nachbarschaft kamen, kannte ich seinerzeit gar nicht. Unfassbar aus heutiger Sicht.“ Unfassbar deswegen, weil Menze inzwischen als profunder Kenner der badischen Beatmusik-Szene in den 60er Jahren gilt. Sein Ende 2013 veröffentlichtes Buch „Beat in Baden“ verkaufte sich so schnell, dass die erste Auflage sofort ausverkauft war. Der kleine, aufstrebende Badnerbuch-Verlag mit Sitz in Rastatt hat soeben eine zweite Auflage herausgebracht. Zum Experten der badischen Beat-Ära wurde Menze eher zufällig. „Ein Kollege fragte mich Ende der 80er Jahre, ob ich Interesse an seinen alten Schallplatten hätte.“ Natürlich hatte er Interesse und beim Durchhören der schwarzen Scheiben fielen Menze vier Platten der „Rocking Stars“ auf. „Obwohl sie deutsch sangen, klangen sie gar nicht so schlecht“, erinnert er sich. Dass die „Rocking Stars“ auch noch aus Rastatt stammten, ließ Menze zusätzlich aufhorchen. „Innerhalb kurzer Zeit hatte ich mir die Adressen der Bandmitglieder besorgt und erste Kontakte hergestellt.“ Auf diese Art und Weise lernte er immer mehr ehemalige oder noch aktive Musiker kennen, die in den wilden 60ern für Furore in Veranstaltungsorten wie dem „Adler“ in Malsch, dem „Badischen Hof“ in Muggensturm oder der Jahnhalle in Gaggenau sorgten. Im Mai 1965 wurde in Karlsruhe sogar ein Ableger des Hamburger Star Clubs eröffnet, in dem nicht nur Größen wie Tony Sheridan und die Lords, sondern auch lokale Helden wie die „Beethovens“ spielten. Auf knapp 170 Seiten erzählt Menze gleichermaßen unterhaltsam wie informativ die Geschichten dieser Bands. Er lässt zahlreiche ältere Herrschaften zu Wort kommen, die vor 50 Jahren für kreischende und begeisterte Fans sorgten. Einer von ihnen ist Peter Kurz, damals Sänger der „Sunbeams“, die vorwiegend im „Club Raphael“ in Baden-Baden auftraten. Joe Raphael, Eigentümer der im Alten Bahnhof untergebrachten Discothek, förderte die Gruppe, produzierte eine Single mit den Titeln „Ballade einer Liebe“ und „Wolgalied“ und verpasste Peter Kurz kurzerhand den international klingenden Künstlernamen Don Boris. Der Erfolg der Sunbeams hielt sich über acht Jahre, man hatte sogar einen Fernsehauftritt in der ZDF-Drehscheibe. „Das war damals schon eine kleine Sensation“, erinnert sich Peter Kurz alias Don Boris heute. „Auch die Kollegen meines Vaters saßen vor dem Fernseher, um seinen nicht mal 18-jährigen Sprössling zu bewundern.“ Eine der Bands, die noch heute regelmäßig Konzerte geben, sind die Moonlights. Die Besetzung ist zwar eine völlig andere als damals in den 60ern, als die Band in zwölf Monaten mehr als 7 000 Autogrammkarten verschickte; gejubelt, geklatscht und mitgetanzt wird bei den Auftritten aber immer noch wie damals. Uwe Menze könnte stundenlang Geschichten aus dieser Zeit erzählen. „Viele der ‚alten Herren‘ sagen mir, dass ich ihre Lebengeschichte inzwischen besser kenne als sie selbst“, sagt er nicht ohne Stolz. Ein schönes Lob für eine wunderbare Fleißarbeit. Immerhin hat Menze insgesamt rund zehn Jahre lang an diesem Buch gearbeitet. DER SONNTAG – 23. Februar 2013 - Wolfgang Weber www. facebook. com/beatinbaden
Beat in Baden
Eine Zeitreise der besonderen Art
von Uwe Menze, herausgegeben von BadnerBuch Verlag und Marko GarreisUwe Menze, Jahrgang 1954, wurde in Sangerhausen/Sachsen-Anhalt geboren. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er in Rastatt. Mit 10 Jahren entdeckte er seine Liebe zur Beatmusik, mit 12 bekam er seinen ersten Plattenspieler. Heute besitzt der Vater von vier Söhnen mehrere Tausend Tonträger, Bücher und Memorabilia aus der Beat- und Rockmusik. Als profunder Kenner der Szene ist Uwe Menze Mitarbeiter bei verschiedenen Fachmagazinen. Einzelne Berichte und Erzählungen über die Musik der 60er Jahre von ihm wurden bereits in einigen Büchern anderer Autoren veröffentlicht.
Dies ist nun sein erstes eigenständiges Buch.
Uwe Menze blickt zurück: „Ende der 80er Jahre, als ein Kollege von mir seinen Hausstand auflöste, fand er dabei mehrere alte Schallplatten. Da er wusste, dass ich so etwas sammle, schenkte er sie mir. Es waren vier Singles von den Rocking Stars dabei. „Wer sind die Rocking Stars?“ fragte ich mich. Diese Gruppe kannte ich damals noch nicht. Mein Kollege berichtete, dass es sich um eine Rastatter Beatband aus seiner Jugendzeit handele und sie in den 60er Jahren im badischen Raum sehr bekannt gewesen seien. Bis dato hatte mein Interesse vorwiegend der englischen und amerikanischen populären Musik gegolten. Doch das sollte sich ab sofort ändern, ich wollte mehr über diese Rocking Stars wissen. Ich begann nachzuforschen und wie es der Zufall wollte wurde 1990 der neue Rastatter Kulturtempel, die Badner Halle, mit dem Konzert „30 Jahre Rocking Stars“ eröffnet. Dieter Kersten, der damalige Geschäftsführer der Badner Halle und Sänger der legendären Rocking Stars, war der erste, der mir etwas über die Band und über die Rastatter Musikszene der 60er Jahre erzählte. Es dauerte nicht lange bis ich auch alle anderen Mitglieder der Gruppe kennenlernte. Ich wurde ständiger Begleiter bei Proben und Konzerten. Und so wurde im Laufe der Zeit die Geschichte der Rocking Stars komplett.
Dies ist nun sein erstes eigenständiges Buch.
Uwe Menze blickt zurück: „Ende der 80er Jahre, als ein Kollege von mir seinen Hausstand auflöste, fand er dabei mehrere alte Schallplatten. Da er wusste, dass ich so etwas sammle, schenkte er sie mir. Es waren vier Singles von den Rocking Stars dabei. „Wer sind die Rocking Stars?“ fragte ich mich. Diese Gruppe kannte ich damals noch nicht. Mein Kollege berichtete, dass es sich um eine Rastatter Beatband aus seiner Jugendzeit handele und sie in den 60er Jahren im badischen Raum sehr bekannt gewesen seien. Bis dato hatte mein Interesse vorwiegend der englischen und amerikanischen populären Musik gegolten. Doch das sollte sich ab sofort ändern, ich wollte mehr über diese Rocking Stars wissen. Ich begann nachzuforschen und wie es der Zufall wollte wurde 1990 der neue Rastatter Kulturtempel, die Badner Halle, mit dem Konzert „30 Jahre Rocking Stars“ eröffnet. Dieter Kersten, der damalige Geschäftsführer der Badner Halle und Sänger der legendären Rocking Stars, war der erste, der mir etwas über die Band und über die Rastatter Musikszene der 60er Jahre erzählte. Es dauerte nicht lange bis ich auch alle anderen Mitglieder der Gruppe kennenlernte. Ich wurde ständiger Begleiter bei Proben und Konzerten. Und so wurde im Laufe der Zeit die Geschichte der Rocking Stars komplett.