Mit dem Doppeladler im Ruhrpott von Driton Gashi | Ein Albaner erzählt seine Geschichte | ISBN 9783947880027

Mit dem Doppeladler im Ruhrpott

Ein Albaner erzählt seine Geschichte

von Driton Gashi
Buchcover Mit dem Doppeladler im Ruhrpott | Driton Gashi | EAN 9783947880027 | ISBN 3-947880-02-2 | ISBN 978-3-947880-02-7
Jugendliche und Erwachsene

Mit dem Doppeladler im Ruhrpott

Ein Albaner erzählt seine Geschichte

von Driton Gashi

Auszug

Grußwort
Als Driton Gashi mich vor einiger Zeit anfragte, ob ich ihn bei seinem Buchprojekt eines «Erfahrungsberichts aus den letzten 30 Jahren», wie er es nannte, zu begleiten, sagte ich, entgegen sonstiger Usanz, spontan zu. Zum einen hatte ich kurz zuvor Gashis albanisches Buch «Rrugëtim publicistik» (in freier Übersetzung: publizistische Reise) gelesen, eine Sammlung von Essays, Reportagen etc. zu verschiedenen Aspekten der albanischen Migration und Identität und zum jungen Staat Kosovo. Außer Frage stand für mich, dass hier ein kritischer, hellwacher Kopf schreibt, ein Autor, der sein Handwerk und die Sprache beherrscht und über ein beeindruckendes Reflexionsvermögen verfügt. Ebenso wichtig, nein: ausschlaggebend, war, dass ich Driton Gashi seit ein paar Jahren persönlich kenne und wegen der genannten Eigenschaften, aber auch wegen seines Humors und seiner Empathie sehr schätze. Kennengelernt hatten wir uns an den Fortbildungsseminaren, die das Bildungsministerium von Kosovo jeden Sommer für die Lehrer*innen des albanischen Ergänzungsunterrichts (HSU) in ganz Europa organisiert, abwechslungsweise in Kosovo, Albanien und Nordmazedonien. Als Albanologe und Mitarbeiter in Lehrmittelprojekten für die albanische Diaspora war jeweils auch ich eingeladen. Driton fiel mir an diesen mehrtägigen Seminaren nicht nur durch seine kompetenten Statements während der Sitzungen auf, sondern auch durch seine musikalische Virtuosität, mit der er das gesellige Beisammensein an den Abenden bereicherte.
Als Gitarrist gleichermaßen talentiert wie als Sänger, begeisterte er die Anwesenden durch sein riesiges Repertoire an traditionellen albanischen wie auch englischen und deutschen Liedern und Songs. Während der kulturellen Exkursionen an den Nachmittagen kamen wir regelmäßig ins Gespräch und unterhielten uns aufs Angeregteste über Fragen der bikulturellen Identität und der Orientierung in und zwischen verschiedenen Norm- und Wertsystemen. So wurde aus der anfangs eher akademischen Bekanntschaft bald eine gute, von gegenseitigem Respekt und Interesse geprägte Freundschaft.
Und in der Tat wurden meine Erwartungen nicht enttäuscht. «Mit dem Doppeladler im Ruhrpott» ist ein bemerkenswertes und facettenreiches Buch, das sich dank seiner eingängigen Sprache zudem außerordentlich gut und flüssig liest. Die 28 Kapitel lassen sich mindestens drei Ebenen zuordnen: Autobiografisches, historische und kulturelle Hintergründe, Reflexion identitärer, integrationsbezogener und weiterer Fragen.
Gleichsam den roten Faden bilden die autobiografischen Kapitel. Sie beginnen mit der berührenden Erzählung der ersten Jahre und Erlebnisse des 15-jährigen, eben aus Prishtina nach Deutschland zugewanderten Driton, berichten sodann über dessen schulischen Werdegang und die mit diesem verbundenen Hürden, und lassen uns am Weg zu seinem Beruf als Sozialpädagoge teilhaben. Eindrücklich ist die Willenskraft und die Meisterung vielfältiger Klippen, eindrücklich sind aber auch die Schilderungen zur musikalischen Karriere des Autors und zum hohen Stellenwert, den die Musik in seinem ganzen Leben spielte und spielt.
Dass alle diese Kapitel ohne jede Larmoyanz und oft mit einem feinen Humor geschrieben sind, trägt zu ihrer Qualität und Authentizität bei.
Historische und kulturelle Hintergründe als zweite Ebene finden sich einerseits integriert in diverse autobiografische Abschnitte, andererseits sind sie Gegenstand eigener Kapitel («das Ausnahmejahr 1999» u. a.). Sie tragen dazu bei, die Biographie des Autors historisch und kulturell zu kontextualisieren, zugleich vermitteln sie dem Leser, der Leserin wertvolles Hintergrundwissen. Zur besonderen Qualität dieser Passagen zählt, dass der Autor auch dort, wo es um bittere und schmerzliche Ereignisse und Erfahrungen geht, bei einer nüchternen Darstellungsweise bleibt. Auch dort, wo diese durchaus emotional gefärbt ist, rutscht sie nie in einen Anklagemodus oder einen penetranten Patriotismus ab. Die gelungene Kombination und Verflechtung autobiografischer und hintergrundbezogener Passagen, ergänzt um kluge Reflexionen, trägt dazu bei, dass Gashis Buch auch für ein deutsches Publikum zum wertvollen und authentischen Quellentext wird. Identitäre und integrationsbezogene Themen spielen eine bedeutsame Rolle in vielen der autobiografischen Kapitel (vgl. insbesondere das Kapitel «Integration – Was ist das überhaupt?»). Nicht zuletzt in diesem Themenbereich kommen das hohe Reflexionsniveau, die Fachkompetenz und die kritische Haltung des Autors zur Geltung; drei Aspekte, die ihn bei aller emotionaler Verbundenheit mit seiner Erst- und Herkunftskultur auch vor jeglichem plattem Nationalismus bewahren.
Müsste ein Beispiel für den gelungenen Aufbau dessen gefunden werden, was in der Literatur als balancierte, ausgewogene bikulturell-bilinguale Identität bezeichnet wird, so stünde Driton Gashi gewiss in der ersten Reihe. Dass er uns, in durchaus emotionaler, gefühlvoller, immer aber gänzlich unpathetischer Weise an seinem wahrhaft nicht einfachen Weg durch die letzten dreißig Jahre teilhaben lässt, zählt zu den großen Verdiensten des Buchs.
Dem Autor und seinem klugen, lebendig geschriebenen Buch wünschen wir von Herzen alles Gute und viel Erfolg auch für die nächsten dreißig Jahre.
(Prof. Dr. Dr. Basil Schader)