"Invasion aus dem Osten" von Cornelia Ruhe | Die Aneignung russischer Literatur in Frankreich und Spanien (1880-1910) | ISBN 9783465137566

"Invasion aus dem Osten"

Die Aneignung russischer Literatur in Frankreich und Spanien (1880-1910)

von Cornelia Ruhe
Buchcover "Invasion aus dem Osten" | Cornelia Ruhe | EAN 9783465137566 | ISBN 3-465-13756-6 | ISBN 978-3-465-13756-6
Inhaltsverzeichnis
Romanisten, Komparatisten, Literaturwissenschaftler

"Invasion aus dem Osten"

Die Aneignung russischer Literatur in Frankreich und Spanien (1880-1910)

von Cornelia Ruhe
Ende des 19. Jahrhunderts sehen sich sowohl Frankreich als auch Spanien durch die immer zahlreicheren Übersetzungen aus dem Russischen einer „Invasion aus dem Osten“ gegenüber. In Frankreich entbrennt eine Diskussion, für die die russische Literatur zwar den Anstoß gibt, in der jedoch zugleich im Medium der Literaturkritik Fragen nach dem Verlust der Vormachtstellung in Europa, nach der Dekadenz der französischen Literatur und Kultur und nach der nationalen Identität gestellt werden bzw. von der die Liberalen sich mittels der Integration vor allem russischer Einflüsse eine Regeneration erhoffen. In Spanien hält die russische Literatur über Frankreich Einzug. Ihre Aneignung erfolgt unter völlig anderen Vorzeichen: Galt es in Frankreich, mit ihrer Hilfe den Naturalismus zurückzudrängen, soll sie in Spanien dazu dienen, ihn in seiner durch die Vermittlerin Emilia Pardo Bazán (re)katholisierten Gestalt zu propagieren. Die sich an ihrer Person entzündende Misogynie, die verbreitete Frankophobie und die konservativen Bemühungen um eine Abschottung vor ausländischen Einflüssen treten gegen die Forderung der Liberalen an, die eine Öffnung des Landes auf allen Ebenen für die einzige Rettung angesichts drohender Dekadenz halten. Basierend auf der Kultursemiotik Jurij Lotmans werden die Übersetzungen russischer Romane als das Gebiet gezeigt, auf dem sich die Debatten kreuzen. Wenn die Originaltexte gekürzt, umgeschrieben und verändert werden, so ist dies eine Form des Dialogs, in dem weniger eine Annäherung an das tatsächliche Russland zu sehen ist als vielmehr der Versuch, sich seiner selbst in Phasen tiefer Verunsicherung zu vergewissern.