„Zusammenfassend kann man sagen, dass wir es hier mit einer sehr spannenden
Lektüre zu tun haben, bei der überaus hilfreich ist, dass die jeweiligen
Dokumente, aus denen Widmaier ihr Kaleidoskop des Ideenaustausch in der
frühen europäischen Gelehrtenrepublik aufbaut, durch die sorgfältige Edierung
Babins in Original und Übersetzung jeweils sogleich bequem herangezogen
werden können, was auch in Fällen, in denen bereits frühere Editionen
dieser Texte vorhanden sind, die Neuedierung unbedingt rechtfertigt. Wer
immer sich daher mit Gottfried Wilhelm Leibniz, seinem Chinabild und dem
Ritenstreit befasst, sollte die beiden Bände von Widmaier und Babin dringend
in seine Untersuchung einbeziehen.“ Dorothee Schaab-Hanke, ORIENTIERUNGEN: Zeitschrift zur Kultur Asiens 30 (2018)
Briefe über China (1694–1716)
Die Korrespondenz mit Barthélemy Des Bosses S.J. und anderen Mitgliedern des Ordens. Zweisprachige Ausgabe
von Gottfried Wilhelm Leibniz, herausgegeben von Rita Widmaier und Malte-Ludolf Babin, übersetzt von Malte-Ludolf BabinIn dieser Zeit bewirkt die unklare, tatsächlich aber negative Haltung Papst Clemens’ XI. gegenüber der Gesellschaft Jesu und deren Chinamission eine rasante Verschlechterung der Situation im sogenannten Ritenstreit, so dass die »chinesische Frage« bald zu einem Kernthema des Briefwechsels wird. Daran beteiligen sich so einflussreiche Geistliche wie Kardinal G. B. Tolomei, F. Orban und J. R. Tournemine und erhellen durch hier erstmals edierte und kommentierte Lageberichte und Neuigkeiten in Briefen und Mitteilungen aus Rom, Paris und Lissabon, aber auch aus Peking, Kanton, Jinan oder der Großen Tatarei die jeweils aktuelle Lage.
Wie Leibniz in der Spätphase seiner Metaphysik über die Natürliche Theologie der Chinesen urteilte und was er über die fatalen Wirkungen der römischen Politik in China wusste, erschließt sich – nach dem ersten Teil seiner Korrespondenz mit den Jesuitenmissionaren selbst (Philosophische Bibliothek Band 548) – in diesem zweiten Teil seines Briefwechsels über China in europäischer Perspektive. Der Band wird eingeleitet und abgerundet durch die Edition von Leibniz’ auch unter den Zeitgenossen bekanntestem Text zum Verhältnis von China und Europa: der bislang inhaltlich nicht befriedigend erschlossenen Vorrede zu seinen »Novissima Sinica«.