Ich habe Ihre Abhandlung mit sehr viel Interesse gründlich studiert und vor allem bewundert, mit welcher Sicherheit Sie die Relativitäts-Theorie dem Geiste nach beherrschen [...] Ich glaube, dass Ihre Abhandlung sehr dazu geeignet ist, die Gedanken und Kenntnisse der Philosophen über das physikalische Relativitätsproblem zu klären.
Albert Einstein in einem Brief an Ernst Cassirer vom 5. Juni 1920
Eindrucksvoll eröffnend mit dem Manuskript über 'Substanzbegriff und Funktionsbegriff' aus dem Jahr 1907 [...] führt das bemerkenswert geschlossene Konvolut Geschichte, Systematik und philosophische Reflexion der wissenschaftlichen Forschungspraxis zusammen. Allein dieser integrative Gestus ist beachtlich. Die wissenschaftsfremde Nomenklatur der 'Effizienz' oder der 'Exzellenz', an die wir uns schon fast gewöhnt haben, liegt diesen Entwürfen zu einer Logik der Wissenschaften ebenso fern wie die karge Grundration einer 'Wissenschaftstheorie', die zwar den Betrieb der 'normal science' am Laufen hält, doch weder den Geistesmoden noch den Zugriffen von außen ein klares und selbstbewusstes Konzept entgegenzusetzen hat. Angesichts dieser Normalität wirken die Überlegungen Cassirers wie frischer Wind.
Neue Zürcher Zeitung, 29.09.2010
Vorlesungen und Vorträge zu philosophischen Problemen der Wissenschaften
von Ernst Cassirer, herausgegeben von Jörg Fingerhut, Gerald Hartung und Rüdiger KrammeBand 8 der Edition »Nachgelassene Manuskripte und Texte« enthält neben dem frühen Vortrag aus Cassirers Berliner Zeit »Substanzbegriff und Funktionsbegriff« (1907) die Antrittsvorlesung in Hamburg »Die Beziehung zwischen Philosophie und exakter Wissenschaft« (1919) und den Hamburger Vorlesungszyklus »Die philosophischen Probleme der Relativitätstheorie« (1920/21). Außerdem enthalten sind zwei Radio-Vorträge zum Thema »Die Einheit der Wissenschaft« (21. und 28. Oktober 1931) und eine deutschsprachige sowie eine englischsprachige Studie zu »Gruppenbegriff und Wahrnehmungstheorie« (1937) und »The Concept of Group« (1945).