
Besprochen in: GERMANISTIK, 58/1-2 (2017), Michael Gamper
Michael Bies, Zeitschrift für Germanistik, 2 (2017): Eine überaus komplexe und anregende Studie [...], die der Auseinandersetzung mit der Produktion und Funktion von Zeitlichkeit in der Literatur weitere Impulse verleihen sollte.
Zeit wird in der Moderne zunehmend als sich wandelndes Gewebe aus gegeneinander und miteinander laufenden Eigenzeiten erfahren, die sich je neu behaupten müssen. Nach Niklas Luhmann bringt diese Behauptungsdynamik paradoxerweise selbst wiederum erst die Zeit hervor, um die diskursiv und kulturell Bestimmungskämpfe stattfinden. Metin Genç führt diese systemtheoretische Einsicht mit literarischen Zeithandhabungen zusammen und entwickelt daraus ein innovatives Analysemodell für ästhetische und textuelle Formen temporaler Komplexität. Erprobt wird dieses Modell an literarischen Experimenten von Alexander Kluge und Thomas Lehr, die die Ereignishaftigkeit und Zeitlichkeit der Zeit (re)konstruieren, lesbar machen, entfalten und dynamisieren.