Experimentelle Studie zu Protanopie und Wahrnehmung von Bremsleuchten von Melanie Helmer | ISBN 9783956067068

Experimentelle Studie zu Protanopie und Wahrnehmung von Bremsleuchten

von Melanie Helmer und Klaus Trampert
Mitwirkende
Autor / AutorinMelanie Helmer
Autor / AutorinKlaus Trampert
Unter Mitarbeit vonUlrich Schiefer
Unter Mitarbeit vonJudith Ungewiß
Unter Mitarbeit vonMaximilian Baumann
Unter Mitarbeit vonJan Feßler
Buchcover Experimentelle Studie zu Protanopie und Wahrnehmung von Bremsleuchten | Melanie Helmer | EAN 9783956067068 | ISBN 3-95606-706-1 | ISBN 978-3-95606-706-8

Experimentelle Studie zu Protanopie und Wahrnehmung von Bremsleuchten

von Melanie Helmer und Klaus Trampert
Mitwirkende
Autor / AutorinMelanie Helmer
Autor / AutorinKlaus Trampert
Unter Mitarbeit vonUlrich Schiefer
Unter Mitarbeit vonJudith Ungewiß
Unter Mitarbeit vonMaximilian Baumann
Unter Mitarbeit vonJan Feßler
M 332: Experimentelle Studie zu Protanopie und Wahrnehmung von Bremsleuchten Melanie Helmer, Klaus Trampert unter Mitwirkung von: Ulrich Schiefer, Judith Ungewiß, Maximilian Baumann, Jan Feßler 60 S., 5 Abb., 7 Tab., ISBN 978-3-95606-706-8, 2022
Ziel dieses Projekts ist es, den Einfluss einer Protanopie (Rotblindheit) auf die Erkennbarkeit des Brems-signals von roten Bremsleuchten auf Basis einer explorativen Probandenstudie zu ermitteln. In der Studie wird modellhaft die Situation einer plötzlichen Bremsung mit 15 m Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug nachgebildet, was einer realitätsnahen innerstädtischen und potenziell kritischen Situation bei 50 km/h entspricht. Zur Sicherstellung der Übertragbarkeit der Erkenntnisse werden die lichttechnischen Randparameter der Bremsleuchten im Rahmen der gesetzlichen Regelungen möglichst kritisch hin-sichtlich ihrer Wirkung auf das Sicherheitsrisiko gewählt. In der Studie wird eine maßstabsgetreue Modellnachbildung eines Fahrzeughecks vor einem Fahrzeugsitz mit Pedalen und Lenkrad aufgestellt. Im Modell des Fahrzeughecks befinden sich konventionelle Heckleuchten eines aktuell zugelassenen Kraftfahrzeugs (Kfz) in einer Version mit Glühlampen- und in einer mit LED-Lichtquellen mit vergleich-barem Erscheinungsbild. In der Studie werden vier Situationen in den möglichen Kombinationen aus einer Tag- bzw. Nachtsituation mit beiden Lichtquellentechnologien getestet. Pro Situation werden dem Probanden 20 unterschiedlich helle Bremsleuchten-Niveaus zwischen 12 cd und 120 cd mit je zwei Wiederholungen in zufälliger Folge dargeboten. Als Maß zur lichttechnischen Bewertung wird der Lichtstärkekontrast zwischen dem dauerhaft dargebotenen Schlusslicht und dem jeweiligen Brems-euchten-Niveau herangezogen. Die Untersuchung der Wahrnehmungsunterschiede von roten Brems-leuchten zwischen Protanopen und Normalsichtigen wird mit folgenden Nullhypothesen durchgeführt. H0,1: Es gibt in Bezug auf die ermittelten Kontrastschwellen des Bremssignals von Bremsleuchten keinen Unterschied zwischen protanopen Probanden und Probanden mit normalem Sehvermögen. H0,2: Die verwendeten Technologien von Glühlampe und LED zeigen keinen Unterschied in Bezug auf die Kontrastschwellen zwischen protanopen Probanden und Probanden mit normalem Farbseh-vermögen. H0,3: Bei separater Betrachtung von Glühlampe und LED gibt es jeweils keinen Unterschied der Reaktionszeit zwischen protanopen Probanden und Probanden mit normalem Farbsehvermögen. Zur Prüfung der ersten Nullhypothese H0,1 wird die Erkennbarkeitsschwelle bei einer Wahrscheinlich-keit von 50 % und 80 % der einzelnen Kontraststufen bestimmt. Die Erkennbarkeitsschwelle ist für beide Probandengruppen unter Berücksichtigung der Streubreiten gleich, was zur Annahme der Null-hypothese H0,1 führt. Aus der UN-Regelung Nr. 7, die die gesetzlichen Anforderungen für Schluss- und Bremsleuchten festlegt, ergibt sich ein minimaler Kontrast zwischen Schluss- und Bremsleuchten von 4 bis zum Jahr 2010 und 2,5 seit 2010. Diese minimalen Kontraste wurden von beiden Gruppen sicher erkannt. Die zweite Nullhypothese H0,2 klärt den Einfluss der relativen spektralen Verteilung der verwendeten Lichtquellentechnologie, hier Glühlampe bzw. LED, auf die Wahrnehmbarkeitsschwelle für Protanope. Die gemessenen Kontrastschwellen zeigen keine Unterschiede zwischen den Techno-logien. Der Einfluss der relativen spektralen Verteilung der untersuchten Technologie auf die Wahr-nehmung kann ausgeschlossen werden und die Nullhypothese H0,2 ist ebenfalls angenommen. Die dritte Nullhypothese H0,3 untersucht den Einfluss der Lichtquellentechnologie auf Basis der Betracht-ung der Reaktionszeiten über den Kontraststufen. Eine Differenzierung zwischen den Probanden-gruppen ist auch hier nicht zu erkennen, sodass die dritte Nullhypothese H0,3 ebenfalls angenommen ist. Anhand der in dieser Studie ermittelten Daten kann kein sicherheitsrelevanter Einfluss einer vor-liegenden Protanopie auf die Wahrnehmung von Kfz-Bremsleuchten (UN-Regelung Nr. 7) im Straßen-verkehr nachgewiesen werden. Es hat sich gezeigt, dass im beschriebenen Untersuchungssetting in Bezug auf die ermittelten Kontrastschwellen des Bremssignals kein Unterschied zwischen pro tanopen Personen und Personen mit normalem Sehvermögen belegbar ist. Die Untersuchungsergebnisse bieten daher keine Grundlage für eine Änderung der derzeit geltenden gesetzlichen Regelungen der Fahr-erlaubnis-Verordnung. Da es sich allerdings um eine Untersuchung unter Laborbedingungen handelt, ist eine direkte Übertragbarkeit in den realen Straßenverkehr aufgrund der dort vorliegenden Komplexität nicht ohne weiteres möglich. Soll die Übertragbarkeit dennoch hergestellt werden, werden die ermittelten Werte üblicherweise mit dem sogenannten Praxisfaktor multipliziert. Die Anwendung des Praxisfaktors führt in diesem Fall zu dem Schluss, dass die in der UN-Regelung Nr. 7 festgelegten Anforderungen an die Bremsleuchten für beide Probandengruppen nicht ausreichend sind, um ein rechtzeitiges Erkennen der Bremsleuchten zu gewährleisten. Aufgrund dieser Erkenntnis besteht weiterer Forschungsbedarf hinsichtlich der Neubewertung der Mindest- und Maximallichtstärken für Schluss- und Bremsleuchten respektive deren Kontrast zueinander.