Über das Leben von Leo N. Tolstoi | Übersetzungen von Raphael Löwenfeld (1902) und Willy Lüdtke (Auswahl 1929) | ISBN 9783757804480

Über das Leben

Übersetzungen von Raphael Löwenfeld (1902) und Willy Lüdtke (Auswahl 1929)

von Leo N. Tolstoi, herausgegeben von Peter Bürger
Buchcover Über das Leben | Leo N. Tolstoi | EAN 9783757804480 | ISBN 3-7578-0448-1 | ISBN 978-3-7578-0448-0

Über das Leben

Übersetzungen von Raphael Löwenfeld (1902) und Willy Lüdtke (Auswahl 1929)

von Leo N. Tolstoi, herausgegeben von Peter Bürger
„Wer sein Leben gewinnen will, der wird es verlieren.“ - Tolstois Schrift „Über das Leben“ (1886/87), die erstaunlicherweise ganz dem Sprachduktus der Schulphilosophie folgt, kann als Auslegung dieses Bibelwortes gelesen werden:
„Die Vernunft ist das Gesetz, dem zu ihrem Heil die animalische Persönlichkeit des Menschen untergeordnet werden muss. Die Liebe ist die einzige vernünftige Tätigkeit des Menschen. Die animalische Persönlichkeit wird zum Glück hingezogen; die Vernunft enthüllt dem Menschen das Trügerische des (animalisch-selbstsichernden) Glücks und weist einen Ausweg. Die Tätigkeit auf diesem Wege ist die Liebe. ... Das vernünftige Bewusstsein zeigt dem Menschen die Elendigkeit aller untereinander kämpfenden Wesen, zeigt ihm, dass es ein Glück für seine animalische Persönlichkeit nicht geben könne, zeigt ihm, dass das einzige für ihn mögliche Glück nur ein solches sein könne, bei dem es weder einen Kampf mit andern Wesen gebe noch ein Aufhören des Glücks, ... weder Voraussicht des Todes noch Todesfurcht. Und da findet nun der Mensch, als einen Schlüssel, der nur für dies Schloss angefertigt ist, in seiner Seele ein Gefühl, das ihm gerade das Glück schenkt, auf das ihn ... die Vernunft hinweist. Und dies Gefühl löst ... den früheren Widerspruch des Lebens ... Die (animalisch-selbstsichernden) Persönlichkeiten wollen die Persönlichkeit des Menschen für ihre Zwecke benutzen. Aber das Gefühl der Liebe zieht ihn dahin, dass er seine Existenz zum Besten anderer Wesen hingibt. ... Indem die animalische Persönlichkeit zum Glück strebt, strebt sie mit jedem Atemzuge dem größten Übel - dem Tode - zu, dessen Voraussicht jedes Glück der Persönlichkeit zerstörte. Aber das Gefühl der Liebe vernichtet nicht nur diese Furcht, sondern treibt den Menschen sogar zur Selbstverleugnung ... zum Heile anderer.“

Tolstoi-Friedensbibliothek Reihe A, Band 8 (Signatur TFb_A008) Herausgegeben von Peter Bürger