Behandlungsqualität der kieferorthopädischen Versorgung bei Angle-Klasse III von Sinah Pia Bohn | ISBN 9783835971387

Behandlungsqualität der kieferorthopädischen Versorgung bei Angle-Klasse III

von Sinah Pia Bohn
Buchcover Behandlungsqualität der kieferorthopädischen Versorgung bei Angle-Klasse III | Sinah Pia Bohn | EAN 9783835971387 | ISBN 3-8359-7138-7 | ISBN 978-3-8359-7138-7
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Inhaltsverzeichnis 1

Behandlungsqualität der kieferorthopädischen Versorgung bei Angle-Klasse III

von Sinah Pia Bohn
Das Ziel der vorliegenden Studie war die Beurteilung der Behandlungsqualität der kieferorthopädischen Versorgung aller Angle-Klasse III Patienten in der Poliklinik für Kieferorthopädie der Justus-Liebig-Universität Gießen im Erhebungszeitraum von 1990-2020, unabhängig davon, ob es sich um eine Früh- oder eine Hauptbehandlung handelte. Als Hauptzielparameter dienten der PAR-Index (RICHMOND et al. 1992a; 1992b) und die Beurteilung nach AHLGREN (1988). Als Nebenzielparameter wurden Habits und Funktionsstörungen, das Vorliegen kongenitaler Anomalien sowie Retentionen und/oder Nichtanlagen bei Behandlungsbeginn erfasst. Weiter wurden die Veränderungen okklusaler Variablen, das Auftreten von Rezessionen sowie die Anzahl der im frontalen Kreuzbiss stehenden Zähne berücksichtigt. Die Daten wurden für die Frühbehandlung, die Hauptbehandlung inklusive Retention oder aber für die erfolgte Früh- und Hauptbehandlung einschließlich der Retention erhoben.
Die Einschlusskriterien umfassten:
- Angle-Klasse III - Frühbehandlung, Hauptbehandlung oder beides - abgeschlossene Behandlung bis Ende 2020
Eingeschlossen werden konnten 42 Patienten für die Frühbehandlung und 148 Patienten für die Hauptbehandlung, darunter 17 Patienten, die sowohl eine Früh- als auch eine Hauptbehandlung am Studienzentrum erhielten. Bezogen auf die Behandlungsqualität konnten folgende Ergebnisse abgeleitet werden:
- Frühbehandlung: der initiale PAR-Wert von 32,6 ± 7,5 Punkten konnte um 15,0 ± 13,0 Punkte auf 17,5 ± 10 Punkte reduziert werden. - nach der Frühbehandlung erreichten 31% die Kategorie „greatly improved“, 43% „improved“ und 26% die Kategorie „worse/no different“. - Hauptbehandlung: der initiale PAR-Wert von 35,2 ± 9,5 Punkten konnte um 29,3 ± 10,8 Punkte auf 6,0 ± 5,0 Punkte (T1) reduziert und in der Nachbeobachtungsphase (T2) weitestgehend stabil bei 6,7 ± 5,2 Punkten gehalten werden. - nach der aktiven Hauptbehandlung erreichten 71% die Kategorie „greatly improved“, 23% „improved“ und 6% die Kategorie „worse/no different“. Nach der Retention verteilten sich die Patienten mit 69% auf die Kategorie „greatly improved“, 23% auf „improved“ und 8% auf „worse/no different“. - Die nur zum Zeitpunkt T2 stattfindende Bewertung nach AHLGREN (1988) beurteilte 11% als ausgezeichnetes, 34% als gutes, 41% als akzeptables und 14% als inakzeptables Behandlungsergebnis. - Unter der Frühbehandlung (T0*-T1*) konnte die Anzahl der Patienten mit Zähnen im frontalen Kreuzbiss um 64%, während der Hauptbehandlung (T0-T2) um 76% reduziert werden. - Während der Frühbehandlung (T0*-T1*) konnte die Okklusion im Molarenbereich im Median rechts um ¼ Pb auf Neutralokklusion verbessert werden, während es links zu einer Verschlechterung um ¼ Pb auf ½ Pb Mesialokklusion kam. Während der Hauptbehandlung (T0-T2) konnte der Median der Molarenokklusion von ½ Pb mesial beidseits auf eine Neutralokklusion verbessert werden. - Es konnte ein moderater Zusammenhang der Variablen ANB (r= 0,550) und ML/NSL (r= 0,506) für die PAR-Wert Reduktion während der Frühbehandlung und bei den Variablen Overjet zum Zeitpunkt T0 (ρ= -0,562) und der Anzahl der Zähne im frontalen Kreuzbiss zum Zeitpunkt T0 (ρ= 0,667) für die PAR-Wert Reduktion während der Hauptbehandlung ermittelt werden. - Rezessionen wurden nur während der Hauptbehandlung untersucht; zu T0 hatten 15% der Patienten Rezessionen, unter der Behandlung stieg die Anzahl zu T1 auf 48% und zu T2 nochmals auf 53% an. Am häufigsten betroffen waren die Unterkieferfrontzähne 31 und 41.
Die Frühbehandlung kann effektiv dazu dienen, frontale Kreuzbisse zu überstellen und somit den Weg für eine normale Gebissentwicklung zu bahnen. Die PAR-Wert Reduktion und auch die Okklusion müssen hier aufgrund der gegebenen kassenrechtlichen Limitationen weniger streng bewertet werden. Im Rahmen der Hauptbehandlung sollte laut RICHMOND et al. (1992b) die prozentuale Verteilung in der Kategorie „worse/no different“ ≤5% sein (hier 6%/8%) und die durchschnittliche PAR-Index Verbesserung ≥70% (hier 80%/77%) betragen. Somit kann die Behandlungsqualität der kieferorthopädischen Versorgung der Angle-Klasse III während der Hauptbehandlung am Studienzentrum als gut bewertet werden. Eindeutige prädiktive Faktoren für ein gutes oder schlechtes Behandlungsresultat konnten nicht identifiziert werden.