Meine Weltreise nach Indien von Mark Twain | Following the Equator 1895-1896 | ISBN 9783865030023

Meine Weltreise nach Indien

Following the Equator 1895-1896

von Mark Twain, herausgegeben von Detlef Brennecke
Buchcover Meine Weltreise nach Indien | Mark Twain | EAN 9783865030023 | ISBN 3-86503-002-5 | ISBN 978-3-86503-002-3

Meine Weltreise nach Indien

Following the Equator 1895-1896

von Mark Twain, herausgegeben von Detlef Brennecke
Mark Twain auf Weltreise
Als Mark Twain 1895 zu seiner Weltreise aufbrach, war er bereits ein gefeierter Dichter. Er hatte unsterbliche Figuren wie Tom Sawyer und Huckleberry Finn geschaffen und sich mit Romanen als Humorist und Satiriker bewährt. Gefeiert, ja! Aber in finanziellen Schwierigkeiten. Da er sowohl in den USA als auch in Europa ein gefragter Vortragsredner war, entscheid sich Mark Twain, zur Beschaffung von Kapital auf eine Reise nicht nur durch die Alte und nicht nur durch die Neue, sondern um die ganze Welt zu gehen. Mark Twains Reise - über England, die Vereinigten Staaten, Kanada und Australien nach Indien und Südafrike - war in jeder Hinsicht ein Erfolg: der berühmte Schriftsteller wurde weltweit bejubelt, er konnte seine Schulden begleichen - und hatte nach seiner Rückkehr allerhand zu erzählen.
Inhaltsverzeichnis:
Vorwort des Herausgebers „Hätte ich die Wahl, ich segelte endlos weiter.“ - Der Globetrotter Mark Twain
Mark Twain: Meine Weltreise nach Indien
Editorische Notiz
Weiterführende Literatur
Lebensdaten
Reisedaten
Leseprobe (Erstes Kapitel):
Erstes Kapitel
Der Ausgangspunkt meiner Vorlesungstour um die Welt war Paris, wo ich seit ein paar Jahren mit den Meinigen lebte. Wir segelten von dort via Southampton nach Amerika, um die nötigen Vorbereitungen zu treffen. Das war schnell geschehen. Zwei meiner Angehörigen beschlossen die Reise mitzumachen - desgleichen ein Karbunkel. Im Wörterbuch steht: Karbunkel oder Karfunkel ist eine Art Edelstein. Ich muss gestehen, dass der Humor in einem Wörterbuch schlecht am Platze ist. Mitten im Sommer brachen wir von New York nach dem Westen auf; alles Geschäftliche übernahm Herr Pond, bis zum Stillen Ozean. Es war ein heißes Stück Arbeit und in den letzten vierzehn Tagen obendrein rauchig zum Ersticken, weil in Oregon und British Columbia gerade die Waldbrände wüteten. Während einer Woche genossen wir den Rauch und auch noch am Seestrande, wo wir eine Zeit lang auf unser Schiff warten mussten. Es hatte im Rauch die Richtung verloren, war auf den Grund geraten und musste erst gedockt und aufgezimmert werden. Endlich wurden die Anker gelichtet, und damit endete unser Schneckengang auf dem Festland, der vierzig Tage gedauert hatte. Wir segelten westwärts über die leicht gekräuselte, glitzernde Sommersee, die, zum Entzücken klar und kühl, von jedermann an Bord freudig begrüßt wurde. Am willkommensten war sie mir, nach dem Staub, dem Rauch und der Hitze, die ich in den letzten Wochen durchgemacht hatte. Die Seereise verschaffte mir eine dreiwöchentliche, fast ununterbrochene Ruhezeit. Wir hatten den ganzen Stillen Ozean vor uns, und nichts zu tun, als nichts zu tun und uns gemütlich zu fühlen. Victoria, die Hauptstadt der Vancouver-Insel, leuchtete nur noch schwach aus ihrer Rauchwolke herüber und wollte eben verschwinden. Wir legten die Feldstecher beiseite und ließen uns friedlich auf den Klappstühlen nieder wie zufriedene Leute. Aber sie brachen unter uns in Trümmern zusammen und brachten uns in Schmach in Schande vor allen Passagieren. Zum Preis von richtigen Stühlen hatten wir! sie aus dem größten Möbelgeschäft von Victoria bezogen, und dabei waren sie keinen Heller per Dutzend wert. Im Indischen und Stillen Ozean muss jeder noch immer seinen eigenen Klappstuhl mit an Bord bringen, wie das in längst vergangenen Zeiten auch auf dem Atlantischen Ozean Sitte war - im finstern Mittelalter der Seereisen. Am fünften Tag nachdem wir Victoria verlassen hatten, wurde das Wetter heiß und alle männlichen Passagiere an Bord erschienen in weißen Leinwandanzügen. Einige Tage später passierten wir den 25. Grad nördlicher Breite, worauf sämtliche Schiffsoffiziere auf Befehl die blaue Uniform ablegten und sich in weiße Leinwand kleideten. Auch die Damen waren bereits ganz in Weiß. Auf dem Promenadendeck sah es so verlockend kühl und vergnüglich aus, von allen den schneeweißen Kostümen, wie bei einem großen Picknick. Am siebenten Tage unserer Fahrt sahen wir eine ungeheuere dunkle Masse in schwachen Umrissen aus den Fluten des Stillen Ozeans aufsteigen und wussten, dass dies gespenstische Vorgebirge der Diamantfels war, den ich zuletzt vor neunundzwanzig Jahren erblickt hatte. Wir näherten uns also Honolulu, der Hauptstadt der Sandwich Inseln, die für mich das Paradies waren; ich hatte die ganze lange Zeit über gewünscht, sie noch einmal wiederzusehen. Nichts in der weiten Welt hätte mich aufregen können wie der Anblick jenes Bergriesen. Bei Nacht gingen wir eine Meile vom Ufer vor Anker. Durch meine Kajütenfenster konnte ich die Lichter von Honolulu funkeln sehen; zur Rechten und Linken dehnten sich schwarze Gebirgszüge aus. Das schöne Nuuana-Tal vermochte ich nicht zu entdecken, aber ich wusste, wo es lag und sah es in der Erinnerung deutlich vor mir. Während wir die Nacht über bei der Insel vor Anker lagen, tauchten allerlei Erinnerungen an Honolulu wieder in mir auf. Entzückende Bilder zogen ohne Ende an meinem Geiste vorüber und ich erwartete den kommenden Morgen mit der größten Ungeduld.