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Jeder Acker, jedes Waldstück und jeder Hügel in Westfalen hat einen Namen. Sie sind oft jahrhundertealt und wurden von Bauern vergeben. Was sich dahinter verbirgt, zeigt der 'Westfälische Flurnamenatlas'. Den Eskimos sagt man nach, sie würden mehr als 20 verschiedene Wörter für Schnee kennen. Das mag sein. Sicher ist, dass Westfalen deutlich mehr als 20 Wörter für Land am Wasser bzw. für feuchte Landstriche kennen: 'Schloot' und 'Schlenke', 'Welle' und 'Spring', 'Sod' und 'Born', 'Pütt' und 'Ohl', 'Struut' und 'Goor', 'Fledder' und 'Brunkel', 'Pfuhl' und 'Poot' und viele mehr. Diese und weitere Begriffe finden sich im 'Westfälischen Flurnamenatlas'. Dessen fünfter Band wurde vor wenigen Tagen in Münster der Öffentlichkeit präsentiert. Er bildet den Schlussstein für ein Projekt, das deutschlandweit ohne Beispiel ist. Ein neuer Klassiker? Der Atlas ist das Lebenswerk des Sprachforschers Gunter Müller. In der Kommission für Mundart- und Namenforschung beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) hat Müller seit den 1970er-Jahren die Wortlandschaften Westfalens erkundet, vermessen und dokumentiert. Zigtausende von Flurnamen hat Müller ausgewertet. Die meisten stammen aus dem etwa 200 Jahre alten preußischen Grundsteuerkataster – und damit aus einer Zeit, als Westfalen noch keine Industrie, keine Autobahnen und keine Vorortsiedlungen kannte. Unter dem Strich fand er rund 170 Grundbegriffe, die sich in den allermeisten Flurnamen Westfalens wiederfinden. Auf 770 Seiten mit mehr als 400 Karten erklärt der Atlas diese Begriffe, sucht nach ihrer Herkunft und zeigt ihre Verteilung. Das Spektrum reicht von der Benennung landwirtschaftlich genutzten Landes ('Kamp', 'Esch') über Landschaftsformen ('Brink', 'Knapp') und der Erschließung durch Straßen, Wege und Grenzen bis zu den Flurnamen über Gewässer bzw. 'Land am Wasser'. Der Abschlussband untersucht überdies Flurnamen, die sich um Wald ('Loh', 'Hagen', 'Horst', 'Telge' oder 'Heister') und um Tiere drehen. Der Frosch beispielsweise verbirgt sich in Flurnamen wie 'Poggenpohl', 'Hüpperloch' oder 'Fuorskedeik'. Der Kiebitz hingegen ist verewigt in Orts- und Flurnamen wie 'Pivitsheide', 'Tiwittken' oder auch 'up der Kywiet'. Die Orientierung finden Viele Flächen benannten die Bauern auch nach der Lage in der Landschaft. Dabei entdeckte Müller ein erstaunliches Grundmuster:
Westfälischer Flurnamenatlas. Lieferung 1-5 / Westfälischer Flurnamenatlas
Lieferung 5
von Gunter MüllerDas Großprojekt der Kommission für Mundart- und Namenforschung ist mit der 5. Lieferung abgeschlossen. Darin geht um die Orientierung im Raum: Wo wird die Landschaft mit einem vorder-hinter-System gegliedert, wo mit unter-ober-Flurnamen, wo sind dagegen die Himmelsrichtungen verwendet worden? Der ehemalige Waldreichtum Westfalens wird in der Behandlung der vielfältigen Flurnamen zu Wald, Gesträuch, Bäume deutlich: Häufig auftretende Wörter sind hier Loh, Wald, Hagen, Horst, Telge, Heister, Hucht und Lohde.
43 Kommentare mit 110 Karten zu den Themen: fließende Gewässer, Quellen, Brunnen, Land am Wasser / Moor, Sumpf und nasses Grünland / Teiche, Wasserlöcher, Erdlöcher / Wald, Gesträuch, Bäume / Wildtiere / Orientierung im Raum / Wortbildung.
www. lwl. org/LWL/Kultur/komuna/publikationen/westf_flurnamenatlas/