Kritik & Krise von Cornelia Brink | Nr. 6 | ISBN 9783862595129

Kritik & Krise

Nr. 6

von Cornelia Brink und weiteren
Mitwirkende
Autor / AutorinCornelia Brink
Autor / AutorinUlrich Bröckling
Autor / AutorinUlrich Enderwitz
Autor / AutorinIlse Bindseil
Autor / AutorinManfred Dahlmann
Autor / AutorinGabriela Walterspiel
Autor / AutorinWolfgang Pohrt
Autor / AutorinAndreas Lehr
Autor / AutorinHeiner U. Ritzmann
Autor / AutorinRainer Matzker
Autor / AutorinLeo Trotzki
Autor / AutorinKarl Korsch
Autor / AutorinManès Sperber
Autor / AutorinIlse Bindseil
Autor / AutorinOtto Rühle
Autor / AutorinElfi Müller
Buchcover Kritik & Krise | Cornelia Brink | EAN 9783862595129 | ISBN 3-86259-512-9 | ISBN 978-3-86259-512-9

Kritik & Krise

Nr. 6

von Cornelia Brink und weiteren
Mitwirkende
Autor / AutorinCornelia Brink
Autor / AutorinUlrich Bröckling
Autor / AutorinUlrich Enderwitz
Autor / AutorinIlse Bindseil
Autor / AutorinManfred Dahlmann
Autor / AutorinGabriela Walterspiel
Autor / AutorinWolfgang Pohrt
Autor / AutorinAndreas Lehr
Autor / AutorinHeiner U. Ritzmann
Autor / AutorinRainer Matzker
Autor / AutorinLeo Trotzki
Autor / AutorinKarl Korsch
Autor / AutorinManès Sperber
Autor / AutorinIlse Bindseil
Autor / AutorinOtto Rühle
Autor / AutorinElfi Müller
»Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kömmt drauf an, sie zu verändern«: Im Frühjahr 1845 hat Karl Marx mit seiner 11. These über Feuerbach ein Mißverständnis über den Materialismus in die Welt gesetzt, das die sozialrevolutionäre Linke seit nun 150 Jahren bis zur Bewußtlosigkeit nachbetet. Der marxsche Irrtum, der sich zum »Marxismus« und gar zum leibhaftigen »Marxismus-Leninismus« auswachsen sollte, diese Selbsttäuschung des Materialismus über seinen subversiven Auftrag besteht in der Vorstellung, Materialismus als theoretische Erkenntnisstrategie sei mit kritischem Kommunismus als praktischer Sozialkritik in ein Verhältnis von Theorie und Praxis zu setzen. In der Konsequenz verrieten die Marxisten die soziale Revolution und wurden Politiker.
Weil Marx die Kritik der Philosophie nicht zu ihrem authentischen Ende radikalisierte, sondern vielmehr eine neue Ursprungsphilosophie, die Philosophie der Arbeit, erfand, überlebte deren idealistische, repressive Perspektive: die Ableitung des Seins aus dem Begriff, in quasi-revolutionärer Gestalt. Philosophie als Reflexionsform der falschen Gesellschaft schleppte sich fort als die positive Lehre vom guten Wesen hinter den schlechten Erscheinungen, von der korrekten »Abbildung« des Seins durchs Bewußtsein. Sie empfahl sich als ebenso esoterisches wie praxistaugliches Wissen um die Odysseen der Arbeit im Labyrinth der Entfremdung. Sie machte Karriere als sozialistische Wissenschaft vom geheimen proletarischen Sinn des Kapitals und als revolutionäre Diktatur des produktiven Gattungswesens über die Individuen. So verfehlte die marxsche Kritik der Philosophie den Materialismus, indem sie das Problem der gesellschaftlichen Synthesis verdinglichte, kaum hatte sie es aufgeworfen. Die Vergleichung der Gebrauchswerte zu Waren und die der Individuen zu Subjekten, die totalitäre Aufplusterung des Werts zum »automatischen Subjekt« geriet in der Folge zum Scheinproblem, das kapitale Unwesen zur falschen Selbstdarstellung des Wesens. Die 6. These über Feuerbach dekretierte: »Das Wesen kann ... nur als ›Gattung‹, als innere, stumme, die vielen Individuen natürlich verbindende Allgemeinheit gefaßt werden.« Unter der Maske des Marxismus kam der Materialismus aufs falsche Gleis, war fortan mit der Verwirklichung der wahren Allgemeinheit befaßt statt mit der Destruktion der falschen. In dieser Verschiebung verkam die historische Alternative »Sozialismus oder Barbarei« zur Phrase.